Kerstin hat für sich das Reisen mit Camper entdeckt. Sie hat sich in diesem Frühling einen Campervan zugelegt, mit dem sie nun in ihrer freien Zeit Deutschland und Europa erkundet. Ich habe Kerstin und ihren Blog „Bitte Richtung Meer“ über Instagram kennengelernt, auf dem Travel Festival haben wir uns dann auch persönlich getroffen.

Ich selbst bin ja mit dem Van durch Australien gereist, und fände das super spannend es auch mal in Europa zu machen. Und ich denke, gerade mit Vollzeitjob ist die Option, mit dem Van (oder Camper) jederzeit nach Feierabend losdüsen zu können, eine wundervolle Idee!

Kerstin erzählt uns in ihrem Interview (hier kommst du übrigens zu den anderen Interviews zum „Reisen trotz Vollzeitjob“), warum sie sich für einen Camper entschieden hat, was sie schon alles mit einem Camper erkundet hat und was die Vor- und Nachteile des Vanlifes sind.

1. Was machst du beruflich und wie schaffst du es, deine Freizeit zu maximieren um möglichst viel zu reisen?

Kerstin: Ich bin bei der Stadtverwaltung München tätig. Ich habe 30 Tage Urlaub und ich kann  Überstunden aufbauen. Durch die Überstunden (auch Gleitzeitguthaben genannt) kann ich dann „Gleittage“ nehmen und so meinen Urlaub verlängern. So mache ich das schon solange ich dort arbeite. Dadurch kann ich mehr reisen.

Das bedeutet aber auch, dass ich immer Überstunden machen muss, ich bekomme das ja nicht geschenkt. Aber so schaffe ich es, dass ich am Ende nicht nur 6 Wochen, sondern vielleicht sogar 9 Wochen freinehmen kann.

Reisen mit Campervan

Kerstin war schon oft mit dem Camper unterwegs, und hat sich jetzt endlich selbst einen zugelegt

2. Wieso hast du dich dazu entschieden, dir einen Camper zuzulegen? Und wieso hast du dich für DEINEN Camper entschieden?

Kerstin: Dazu gibt es einen ausführlichen Blogartikel auf meinem Blog. Wir sind 2012 nach Island gereist mit Zelt und Mietwagen und haben da die Freiheit des Campens das erste Mal so richtig kennengelernt. Wobei es mit dem Zelt natürlich nicht ganz so komfortabel ist wie mit einem Camper.

2013 haben wir eine vierwöchige Reise in den USA mit einem Camper mit Dachzelt gemacht und die Vorteile so richtig gespürt. Du bist den ganzen Tag draußen in der Natur, sitzt bereits zum Frühstück schon draußen, die Eichhörnchen hüpfen um dich rum – das hat einfach einen riesigen Spaß gemacht.

Wir waren immer frei und unabhängig und konnten weiterfahren, wann wir wollten. Wir waren ja auch größtenteils nicht an Check-Out-Zeiten oder Essenszeiten gebunden. Das war Freiheit pur, das hat uns sehr, sehr gut gefallen.

Letztes Jahr haben wir das dann in Australien – 14 Tage in Tasmanien und 14 Tage in Westaustralien – nochmal gemacht und sind da wieder mit dem Camper gereist. Das war wirklich eine der grandiosesten Reise überhaupt. Gerade in Tasmanien – dort ist wirklich nichts los, menschenleere Strände und leere, ruhige Campingplätze. Es war Natur pur, Ruhe und Freiheit… Wir konnten jeden Tag neu entscheiden, wo wollen wir heute hin und was wollen wir heute machen?

Tasmanien Strand

Die menschenleeren Strände in Tasmanien haben besonders fasziniert

Dieses Gefühl von Freiheit und das in der Natur sein waren am Ende das Ausschlaggebende, warum wir uns für einen Camper entschieden haben.

Ich hatte vor dem Kauf des Campers Verluste in der Familie erlitten und dadurch etwas Geld erhalten. Anders hätte ich nie darüber nachgedacht. Aber dann war plötzlich das Geld da und es kam irgendwann der Gedanke, dass es doch toll wäre, einen Camper für Wochenendtrips oder für Reisen innerhalb Europas zu haben.

Eigentlich ist mir unser Camper fast noch ein bisschen zu steril.  Es fehlt noch die persönliche Note. Aber das kommt mit der Zeit sicher noch. Allerdings habe ich das selber Ausbauen nie in Erwägung gezogen, da brauchst du erstmal einen Stellplatz, auf dem du an dem Auto werkeln kannst, brauchst handwerkliches Geschick und viel, viel Zeit.

Deshalb haben wir uns am Ende dafür entschieden, uns einen Camper ab Werk zuzulegen. Letztendlich haben wir auf den aber auch 7 Monate gewartet, in der Zeit hätten wir das wahrscheinlich auch selbst irgendwie machen können.

Reisen mit Camper

Endlich, der eigene Camper ist da!

3. Wie würdest du Reisen mit Camper für jemanden beschreiben, der das noch nie gemacht hat?

Kerstin: Wie ich ja schon gesagt habe, es ist Freiheit, es ist Natur, es ist Unabhängigkeit. Du bist flexibel, du kannst spontan schauen, wie das Wetter ist oder ob dir der Ort gefällt.

Im Endeffekt haben wir die Islandreise auch deshalb mit dem Zelt gemacht, weil wir wetterunabhängig sein wollten – hätten wir alle Hotels im Voraus gebucht und dann doofes Wetter gehabt, wäre das sehr schade gewesen.

Aber ich muss auch dazu sagen: Campen ist auch mit Arbeit verbunden. Du musst sehr ordnungsliebend und organisiert sein, da ja nicht viel Platz im Auto ist. Wenn du Sachen rumliegen lässt, das rächt sich irgendwann. Hier bin ich selbst auch noch am Optimieren.

In der Regel bist du auch Selbstversorger, das bedeutet du musst einkaufen, kochen, abspülen, aufräumen. Wir haben da eine gute Mischung gefunden: Wir frühstücken immer draußen am Camper, aber beim Abendessen hat es sich kürzlich in Italien so ergeben, dass wir immer abwechselnd selbst gekocht haben und essen gegangen sind.

In den USA und Australien haben wir hauptsächlich selber gekocht. Eigentlich ist das ja auch ganz schön, du musst dich nicht extra schick machen, sondern kannst einfach so kochen und essen, wie du gerade bist, du bist ja sowieso draußen. Beim Campen bist du unabhängig von der Uhrzeit und du kannst die Reise in deinem Tempo machen.

Es hat super viele Vorteile, aber als Campingneuling musst du dich wahrscheinlich erstmal dran gewöhnen.

Reisen mit Camper Naturnah

Mit dem Camper verreisen heißt, morgens direkt in der Natur zu erwachen.

4. Welche Vorteile bietet das Reisen mit einem (eigenen) Camper?

Kerstin: Wir können durch den Camper sehr antizyklisch reisen. Wir können den vielen Menschen auf der Straße einigermaßen ausweichen, wir können abends fahren und an Stellen stehen bleiben, wo man über Nacht eben stehen darf.

Die Quintessenz ist wieder: Du bist frei und unabhängig!

Außerdem hast du dein Bett immer dabei. Wenn du während der Fahrt müde wirst, kannst du einfach anhalten und ein Nickerchen machen. Es ist auch kein Problem, einfach spontan am Wochenende loszufahren. Und was eben oben schon angesprochen wurde, du bist viel draussen, bist flexibel und kannst in deinem ganz eigenen Tempo reisen.

Tasmanien Wineglass Bay

Die Wineglass Bay in Tasmanien war eins von Kerstins Highlights beim Roadtrip durch Tasmanien

5. Was steht bzw. stand alles auf deiner Campertour 2019?

Kerstin: Prämiere hatten wir an Ostern, da war allerdings so schönes Wetter und alles war bereits ausgebucht. Deshalb waren wir zunächst gar nicht mal so weit weg von München in der Nähe von Günzburg. Außerdem sind wir für 2 Tage Richtung Mittenwald gefahren.

Danach waren wir ein Wochenende in Thüringen, dort waren wir auf einem Geburtstag eingeladen und hatten unser Bett dabei, das war eigentlich sehr cool und praktisch.

Und kürzlich haben wir in Italien Urlaub gemacht. Da waren wir am Tennosee, in Pisa und Elba, südlich von Venedig und am Pragser Wildsee. Das war die erste größere Tour mit 2,5 Wochen.

Jetzt waren wir noch ein Wochenende am Schliersee mit Freunden. Allerdings sind gerade Ferien und wir machen daher eine Pause und warten, bis es wieder etwas leerer wird.

Im September wollen wir zwei Wochen an die Ostseeküste fahren und einen Abstecher nach Dänemark machen. Mein großer Traum wäre ja Norwegen, das stelle ich mir grandios vor und das möchte ich unbedingt noch machen.

Es gibt ja wirklich so schöne Orte in der Nähe, die Schweiz zum Beispiel oder generell die ganzen Seen, wie auch der Brombachsee in Franken. In der Nähe von einem See zu sein, dort zu schlafen und aufzuwachen – oder auch am Meer – das finde ich einfach richtig schön, das macht mich glücklich.

Camper Elba Italien

Der Roadtrip durch Italien war die erste längere Tour mit eigenem Camper

6. Was war dein Lieblingsreiseziel bislang?

Kerstin: Die Reise letztes Jahr nach Australien war wirklich grandios. Aber auch unsere Südafrika- und Namibiareise war spektakulär – die Vielfalt, die Tierwelt, die Landschaft und auch das Essen. Die Reise durch die Nationalparks in den USA mit dem Camper war auch einfach nur traumhaft.

Es gibt ja so viele schöne Orte. Ich fand auch die Italienreise toll. Aber im Nachhinein war vor allem Südafrika und Namibia – mit der Landschaft und Tierwelt und dann der Wüste in Namibia einfach sensationell.

Auch Tasmanien möchte ich auf keinen Fall missen. Diese große Freiheit, die Ruhe und die netten Menschen dort, das war einfach spektakulär.

7. Hast du Tipps für meine Leser, die trotz Vollzeitjob mehr Reisen wollen?

Kerstin: Ich habe im Moment meine Stunden reduziert und arbeite nur noch 32 Stunden. Aber das mit dem Überstunden aufbauen habe ich auch bei 40 und sogar 42 Wochenstunden gemacht. Meine 32 Stunden verteile ich aktuell auf 5 Tage, so dass ich da noch einigermaßen leicht Überstunden aufbauen kann. Tatsächlich möchte ich aber noch weiter runter gehen mit den Stunden.

Meine Devise ist, weniger zu arbeiten und weniger zu kaufen und mir dadurch quasi Zeit zu erkaufen. Mir ist das erst in den letzten Jahren so richtig bewusst geworden: ich habe in meinem Leben immer alles straight durchgezogen, ohne mal zum Beispiel ein Jahr im Ausland zu verbringen, wie es ja heutzutage ganz normal ist.

Inzwischen denke ich mir, Zeit ist genauso wertvoll oder sogar wertvoller als das Geld. Ich achte darauf, dass ich einfach nicht so oft essen gehe und mir nicht so viele Klamotten kaufe. Lieber schraube ich meine Ansprüche runter und habe mehr Zeit für das Leben.

Es muss ja nicht immer die Fernreise sein, aber wenn du einfach mal zwischendurch ein paar Tage raus in die Natur kommst, das ist einfach Lebensqualität.

Strandkorb Bitte Richtung Meer

Kerstins Wohlfühlort: Seen oder besser noch am Meer

Vielen Dank liebe Kerstin, für das tolle Interview und die Einblicke ins Reisen mit Van!

Wie gesagt, findest du Kerstins Tipps zum Reisen mit Camper aber auch generell zu vielen Reisezielen auf ihrem Blog „Bitte Richtung Meer„. Ich mag sehr gerne wie sie erzählt, und auch ihre Bilder – zum Beispiel auf Instagram – wecken immer Fernweh in mir. Wenn dir das Interview gefallen hat, schau doch mal bei ihr vorbei!

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